Short Notice: EU-Taxonomie
Obwohl die CSRD noch nicht vollumfänglich in Kraft ist, und mit dem Omnibus der „Trickle-down“ Effekt auf vorgelagerte KMU´s gemindert werden soll, stellt schon heute die (Nachhaltige) Beschaffung („Sustainable Procurement“) großer, (zukünftig) berichtspflichtiger Unternehmen Anforderungen, in Bezug auf z.B. den Product Carbon Footprint eines Vorproduktes, dem Digitalen Zwilling oder der EU-Taxonomie, an die vorgelagerte Wertschöpfungskette. Die EU-Taxonomie definiert als einheitliches Klassifikationssystem, als wissenschaftlich fundiertes Transparenzinstrument, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig deklariert werden und welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssen. Es geht hierbei um die Identifizierung jener Wirtschaftsaktivitäten, die einen bedeutenden Beitrag zur Nachhaltigkeitswende und den sechs, in der EU-Taxonomie verankerten Umweltzielen leisten. Die Taxonomie legt keine verbindlichen Anforderungen an die Umweltleistung von Unternehmen oder Finanzprodukten fest -nicht das Unternehmen per se, unterliegt einer Einordnung und Bewertung- sondern die Wirtschaftsaktivitäten, die von dem Unternehmen durchgeführt werden. Die Systematik basiert auf Wirtschaftszweigen und orientiert sich an den NACE-Codes („Nomenclature générale des Activités économiques dans les Communautés Européennes“ oder kürzer, die allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige in der EU). Das Ziel der Taxonomie ist es, die Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen zu lenken, um Nachhaltigkeit und integratives Wachstum zu erreichen, sowie die langfristige Bewältigung finanzieller Risiken, welche sich aus dem Klimawandel, der Ressourcenknappheit, der Umweltzerstörung und den damit verbunden sozialen Problemen ergeben, zu entgegnen.
Die CSRD verpflichtet große Unternehmen zur Berichterstattung über Nachhaltigkeitsinformationen, sowie zur EU-Taxonomie-Offenlegung hinsichtlich Ihrer Taxonomiefähigkeit bzw. -konformität im Lagebericht. Finanzmarktteilnehmer, welche der SFDR (z. B. Kreditinstitute, Vermögensverwalter, Wertpapierfirmen...) unterliegen, benötigen ESG-Daten ihrer Beteiligungs- und Portfoliounternehmen, um ihre SFDR und EU-Taxonomie-Berichtspflichten zu erfüllen. Die ESRS-Standards sorgen dafür, dass Unternehmen diese standardisierten Informationen bereitstellen. Finanzunternehmen sind auf die vollständigen und verlässlichen Daten der finanzierten Unternehmen angewiesen und müssen diese erheben, prüfen und konsolidieren.
Die dreistufige Funktionslogik der Taxonomie ist simpel: Zunächst ist zu prüfen, ob die ausgeübte Wirtschaftstätigkeit überhaupt von der Taxonomie bisher erfasst ist. Es stellt sich die Frage, welche Aktivitäten können, potenziell entweder direkt zu den Umweltzielen beitragen oder andere Geschäftsaktivitäten ermöglichen. An diesem ersten Schritt zeigt sich, ob eine Taxonomiekonformität grundsätzlich potenziell möglich ist, da eine Taxonomiefähigkeit gegeben ist. Im zweiten Schritt werden die technischen Bewertungskriterien in Bezug auf die Wirtschaftstätigkeit geprüft. An dieser Stelle ergeben sich drei Fragestellungen:
- Welche Geschäftstätigkeiten leisten einen wesentlichen Beitrag und tragen zu einem oder mehreren Umweltzielen bei?
- Beeinträchtigt die Wirtschaftstätigkeit keines der anderen Umweltziele und erfüllt damit die sogenannten DNSH-Kriterien („Do-no-significant-harm“)?
- Im vorerst letzten Schritt muss sichergestellt werden, dass durch einen nachweisbaren Due-Diligence-Prozess die „Minimum Social Safeguards“ (UNGP; OECD, ILO, Charta der Menschenrechte) eingehalten werden. Je nach Wirtschaftätigkeit darf kein anderes Umweltziel wesentlich negativ beeinflusst bzw. verletzt werden und in diesem Kontext muss z.B. ggf. eine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse durchgeführt werden.
Sofern die drei Prüfkriterien positiv beantwortet werden können, gilt eine Wirtschaftstätigkeit als taxonomiekonform. Nun muss das Unternehmen seine Kennzahlen in Bezug auf Umsatz, CapEx und OpEx offenlegen.
EU-Taxonomie sieht ausdrücklich vor, dass Investitionen in Taxonomiefähige, aber noch nicht konforme Wirtschaftstätigkeiten über sogenannte CapEx-Pläne berücksichtigt werden können. Das bedeutet: Wenn ein Unternehmen eine Anlage oder einen Prozess betreibt, der die technischen Kriterien heute noch nicht erfüllt, aber ein verbindlicher, nachvollziehbarer Plan vorliegt, mit dem innerhalb von 3-5 Jahren Taxonomiekonformität erreicht werden soll, können die entsprechenden Investitionsausgaben (CapEx) bereits heute als taxonomiekonform ausgewiesen werden.
Ein Beispiel: Ein Entsorgungsunternehmen sortiert aktuell Bau- und Abbruchabfälle, erreicht jedoch noch nicht die geforderte Mindestsortierquote nach den technischen Bewertungskriterien der EU-Taxonomie und plant aus diesem Grund, eine neue Sortieranlage zu bauen. Der CapEx-Plan muss eine klare Zeitachse, die geplanten Investitionsbeträge, die technischen Maßnahmen sowie die konkreten Zielwerte vorlegen. Bei Erfüllung der Voraussetzungen, kann das Unternehmen, die dafür eingesetzten Investitionsausgaben sofort als taxonomiekonform im CapEx-KPI berichten – selbst, wenn die Anlage erst in 2 Jahren fertiggestellt ist. Dabei ist wichtig zu erwähnen: Der operative Umsatz aus der heutigen Tätigkeit bleibt so lange nicht taxonomiekonform, solange die technischen Bewertungskriterien nicht erfüllt sind. Der Übergangsplan allein „legalisiert“ keine Umsätze oder OpEx als taxonomiekonform. Erst wenn die Investition abgeschlossen und die technischen Kriterien tatsächlich erfüllt sind, kann auch der Umsatz als taxonomiekonform ausgewiesen werden.
Der Omnibus sieht Änderungen in Bezug auf die Taxonomie vor:
- Wesentlichkeitsschwelle: Unternehmen mit weniger als 10 % taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten müssen die detaillierte Offenlegung der Taxononiekonformität nicht vornehmen.
- OpEx-Wesentlichkeit: Ist OpEx insgesamt nicht wesentlich, darf die detaillierte OpEx-Taxonomieprüfung entfallen, allerdings muss der OpEx-Nenner und eine kurze Begründung angegeben werden.
- Es sollen verschlankte Berichts-Templates eingeführt werden.
- Die DNSH-Regeln sollen, insbesondere in Bezug auf bestehendes EU-Umweltrecht vereinfacht werden.
- Die Berichtspflichten der Taxonomie werden mit der CSRD harmonisiert, um Doppelmeldungen zu vermeiden.
- Zukünftig berichtspflichtige Unternehmen, die mehr als 1.000 Mitarbeiter haben und einen Umsatz unter 450 Mio. € sollen von einer temporären (voraussichtlich für 3 Berichtsjahre) Entlastung profitieren und können zunächst freiwillig berichten.
Die großen globalen Fortschritte werden nicht durch die Verfeinerung bestehender Technologien ausgelöst. Ökonomisches Wachstum entsteht nicht durch die Wiederholung des immer Gleichen, der inkrementellen Verbesserung bestehender Produkte oder Prozesse. Der Unterschied zwischen einer Volkswirtschaft, die wächst, und einer Volkswirtschaft, die stagniert, liegt im Wandel. Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Finanzakteure nutzen die Taxonomie zunehmend für die Ausrichtung ihrer Geschäftsstrategien, ihrer Übergangsplanung oder ihrer Investitionen; Banken für ihre Kreditvergabe. Statt ausschließlich die Erfüllung der Anforderungen ihres Kunden in Bezug auf die Taxonomie anzustreben, empfehlen wir, nutzen Sie die EU-Taxonomie strategisch als Orientierung und Leitplanke, denn sie bietet wissenschaftlich fundierte und belastbare Informationen, wie Ihr Unternehmen durch Investitionen in die „bestverfügbare Technologie“ seine wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit sichern und neue, zusätzliche Geschäftsmodell-Potentiale nutzen kann.
Wir unterstützen Sie auf dem Weg die Anforderungen Ihrer Kunden zu erfüllen und leiten Chancen und Mehrwerte aus diesen für Ihr Unternehmen ab. Rufen Sie uns an. 0211-828033-0